Als ich dich noch siezte,
sagte ich ich und meinte damit
mich
Seit gestern duze ich dich,
weiß aber noch nicht,
wie ich mich umbenennen soll
Die zweite Person
Du hast ein Geschlecht.
„Du“ hat kein Genus.
Du da!
Meinst du mich?
Ja!
Dann ist dein „Du“ heute weiblich.
„Ich“ hat kein Genus.
Und das ist ein Genuss für mich.
„Ich!“ sagt mein Freund, der einen Freund hat.
Er ist ein Ich, wenn sein Mund sich bewegt.
Er ist ein Du, wenn seine Ohren mir zuhören.
Egal ob dich eine Sie oder ein Er lieben,
immer bist du eine zweite Person und geschlechtslos.
Das Verb spielt die zweite Geige
Wenn die Melodie zitiert ist
hat es den letzten Ton
An einem gewöhnlichen Tag steht das Subjekt vorne
Jeder kann anfangen aber wer steht am Ende
Wenn ein anderer den Kopf macht
muss das Subjekt
nach hinten rücken
Die Reihenfolge und die Hierarchie sind zweierlei
Der Rhythmus kennt keine Korruption
Ein Kompott
Für uns alle dasselbe
Für mich für dich für ihn für sie denn
Es ist gegessen und vergessen.
Nur die Haltung des Habens unterscheidet sich
Zwischen mir und ihm und ihr und sie und uns
Bitte nicht zu viel „und“!
Und das Haben zeigt bei jedem ein anderes Ende
Ich bleibe eher offen
Du bis streng verschlossen
Er und sie haben Hüte auf dem Kopf
Gemeinsam sind die eingeatmete Luft und
Die durchgemachte Nacht
Wir lasen nie das gleiche Buch, aber
Gelesen haben wir alle oder
Ich „gelese", du „gelesest"?
Das perfekt Vergangene ist durchkomponiert und vereinfacht
Warum sind wir aber so vielfältig in der Gegenwart?
© konkursbuch Verlag Claudia Gehrke