DIE ZEIT


"Claudia Gehrke ... weiß, daß Sexualität und Intimität zusammengehören. "Ein Geheimnis ist nur dann geheim, wenn es manchmal verraten werden kann", schreibt sie listig im ersten Band. Aber auch nach elfbändigem Geheimnisverrat beugen sich die Beiträger, die sich in ihren Gedichten und Erzählungen, Zeichnungen und Fotos entblößen und verkleiden, verraten und verschlüsseln, immer noch über die Gründe und Abgründe der Lust. Das Geheimnis bleibt. Selbst in der direkten "Darstellung sexueller Akte" finden wir nicht die rohe dumpfe Bildsprache kommerzieller Pornografie, sondern die manchmal dilettierende, manchmal professionelle Anstrengung der Kunstfotografie, des Gemäldes, der Collage, der erotischen Fotografie und daneben das rührende oder komische oder verführerische private Dokument. Dort, wo "große Kunst" oft elliptisch wird, indem sie den Akt überspringt oder verhüllt, wird das "heimliche Auge" aktiv. Es lüftet den Vorhang. Was sich zeigt, ist die immer schon inszenierte Intimität: eine theatralische Handlung, die mit Voyeurismus und Exhibitionismus spielt und deren Reiz in den Übergängen zwischen Scham und Schamlosigkeit liegt.

 

Claudia Gehrkes Vorsatz lautet, die erotische Darstellung von der männlichen Dominanz zu befreien und der weiblichen Phantasie Raum zu geben. Das ist ihr gelungen. In der Tat stammt der größere Teil der Bild- und Textbeiträge von Frauen. Aber die ewige Frage nach dem Unterschied zwischen männlicher und weiblicher Erotik bleibt auch unbeantwortet: Die Spielarten sind unendlich ..."

 

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